Dieser Andere …
„Dieser Andere…“ – Eine Auseinandersetzung mit dem Doppelgänger
Die erste Eurythmie-Theater-Produktion von Studio B7
Sonntag 23. September 2012 / 20.00 Uhr Theaterforum Kreuzberg, Berlin
Hier das Plakat und der Flyer zum Download (PDF)
Ein gutes halbes Jahr gibt es jetzt Studio B7 in Apolda. Neben Kursen und Seminaren haben im Januar und im März zwei kleine Werkstattpräsentationen stattgefunden, die dritte ist findet jetzt am 3. Juni statt. Ziel ist es, durch „work in progess“ vor Ort auch Menschen anzusprechen, die nicht einfach mal so in eine Aufführung kommen. Das gelingt auch, denn bisher hat sich immer eine sehr bunte Mischung von Anthroposophen, Eurythmiekollegen, Eltern aus den umliegende Waldorfschulen und Menschen aus der näheren und ferneren Nachbarschaft eingefunden, und immer war auch jemand dabei, der Eurythmie noch gar nicht kannte – es ist keine kleine Herausforderung, ein solches Publikum adäquat anzusprechen!
Nun steht im Juni die erste große Premiere an. „Dieser Andere…“ beschäftigt sich mit dem Phänomen des Doppelgängers: ein vielfältiges Thema, das Dichter und Musiker, vor allem seit der Romantik, und später dann auch Psychologen und Philosophen interessiert hat. Auch bei Rudolf Steiner gibt es eine Fülle von Hinweisen dazu, die allerdings über sein Werk verstreut und in ganz verschiedenen Zusammenhängen auftauchen.
Bei der Suche nach geeigneter Literatur fiel uns eine Erzählung von Hans Erich Nossack (1901- 1977) in die Hände, die uns sofort faszinierte. Der in Deutschland weniger bekannte, in Frankreich aber hoch geschätze Hamburger Schriftsteller beschreibt in dieser – vielleicht auch autobiografisch impulsierten – Erzählung die Geschichte seiner Annäherung an „diesen Anderen“, der oft dicht hinter ihm, oder neben ihm steht, immer mit einer kleinen Pause reagiert, und sogar in den Augen anderer Menschen entdeckt werden kann.
„Dieser Andere“ ist von veränderlicher Größe – aber ist er auch da, wenn der Autor sich seiner nicht bewusst ist? Nossacks Beschreibungen sind äußerst exakt in der inneren Beobachtung, und es ist immer wieder verblüffend, welche Schattierungen er benennen kann, und wie sicher er auch ans Übersinnliche grenzende Erlebnisse in klar formulierte Gedanken bringt – vielleicht bringen muss, um sich nicht überwältigen zu lassen. Was kann von Gesichtspunkt der eurythmischen Darstellbarkeit an einer solchen Erzählung interessieren? Eigentlich gibt es nichts zu „tun“, der Text ist erzählende Prosa, und der Erzählende muss ein Schauspieler sein, das war uns schnell klar. Es kann sich also kaum um ein klassisches „Lautieren“ handeln. Und so haben wir daran gearbeitet, durch Anwendung spezifischer eurythmischer Mittel wie Kopf- und Fußstellungen sowie charakteristisch umgewandelter Seelengesten ein, nein, zwei „Wesen“ zu kreieren, in denen die bei Nossack benannten Eigenschaften sichtbar werden. Beim genauen Lesen ist es nämlich frappierend, wie viel Übereinstimmung man zwischen Nossack und den bei Steiner im Vortrag über den so genannten geografischen Doppelgänger (Vortrag vom 16. 11. 1917 in GA 178) beschriebenen Eigenschaften findet: ein Wesen mit überragenden Intelligenzkräften und einem starken Willen, aber ganz ohne menschliches Gemüt.
Natürlich ist das alles nur eine der vielen Facetten des Themas – andere Aspekte einer doppelgängerhaften Gestalt, die vielleicht den eigenen Namen trägt, aus dem Spiegel tritt oder als Schatten auch behütende Funktion haben kann, finden sich in Texten von Patrick Maier, Conrad Ferdinand Meyer („Begegnung“ als absoluter Klassiker zum Thema), Annette von Droste-Hülshoff und dem finnischen Dichter und Rockpoeten Arto Melleri. Dabei stand für uns immer de Frage im Vordergrund, welche Ebene jeweils anschaubar gemacht werden will. Wer oder was, welche Schicht der Doppelgänger/Hüter-Gestalt spricht sich bei den verschiedenen Autoren aus?
Im Musikalischen haben wir das Glück, mit dem Leipziger Knut Müllereinen Komponisten gefunden zu haben, der sich der Herausforderung gestellt hat, dem „Doppelgänger“ eine klingende Form zu geben. In seinem gleichnamigen Stück für Klarinette und Violoncello arbeitet er mit dynamisch an- und abschwellender Tongebung in der Cellostimme, einer Gestaltung der einzelnen Stimmen aus dem Wesen des Instrumentes heraus und der extremen Spannung, die durch die starke Polarität von Blas-und Streichinstrument entsteht und durch die Kompositionstechnik noch verstärkt wird.
Als Musiker werden uns Peter Sarkar aus Weimar (Violoncello) und Anja Starke aus Halle (Klarinette) begleiten. Die Gestalt des Nossackschen Erzählers verkörpert der Schauspieler Richard Schnell aus Berlin, der auch als Sprecher für die lyrischen Texte fungiert. Den Lichtentwurf gestaltet Peter Jackson.
Premiere des Abends ist noch vor der Sommerpause am 28. Juni 2012 im Leipziger LOFFT (Lindenauer Markt 21, 04177 Leipzig, www.lofft.de, hier können auch Karten bestellt werden).
Am 23. September 2012 gastiert „Dieser Andere“ im Theaterforum Kreuzberg in Berlin,
weitere Aufführungen (u. a. Stuttgart, Hamburg, Basel) folgen.
Informationen, Programmbuchungen und Kontakt:
Studio B7 – Eurythmie im Weimarer Land
Dorothea Maier & Ulrike Wendt
Lessingstr. 34, 99510 Apolda
Telefon 0175 / 5603852
mail@studiob7.eu oder info@ulrikewendt.eu
www.studiob7.eu